Die Erfahrungen nach einem Todesfall beschreiben viele als „Loch im Leben“. Katharina Ziegler hat sich viele Gedanken gemacht.
Rund 30 Frauen und Männer lauschen der Pastorentochter am Donnerstagabend in der Nordholzer Kirche, die ihr Erstlingswerk „Loch im Leben – 11 Chancen, nach Tod und Trauer wieder Tritt im Leben zu fassen“ vorstellt. Die 56-Jährige trägt einen bunten Schal zum grauen Jackett und ein optimistisches Lächeln. Der Altarraum ist ihr immer noch vertraut, auch wenn sie über sich und ihre Jugendträume sagt: „Pastorin war das Letzte, was ich machen wollte.“
Trotzdem ist sie letztlich in diesem Beruf gelandet, den sie 20 Jahre lang mit Leben erfüllte. „Aber da war noch irgendetwas unter dem Deckel, was ausprobiert werden wollte“, begründet die Christin den Schritt ins neue Berufsleben, den sie nach ihrer Vertretungszeit als Pastorin in Nordholz konsequent eingeschlagen hat. Zuerst habe sie ihren Schwerpunkt auf das Gebiet der Lebens- und Organisationsberatung gerichtet.
„Aber dann ist mir der Schwerpunkt Tod zugeflogen“, sagt Ziegler ins Mikrofon und schaut in die zum Teil noch vertrauten Nordholzer Gesichter. Sie erzählt, dass sie heute als Rednerin für Trauerfeiern von Menschen jeglicher Weltanschauung gebucht werden kann. Jeder Mensch habe ein Recht auf eine würdevolle Bestattung, „dazu möchte ich meinen Beitrag leisten“. Durch ihre Tätigkeit kommt sie viel mit Menschen in Kontakt, die in Trauer sind. „Trauerarbeit“, sagt Ziegler, „beginnt erst nach der Trauerfeier, bis dahin muss man noch funktionieren, planen und so vieles bedenken.“ Genau diese Menschen sind es auch, die sie anrufen, wenn sie mit ihrer Trauer nicht zurechtkommen. Ziegler begleitet sie auf ihrem Weg durch die Trauer zurück ins Leben.“ Die Osterholzerin weiß, wovon sie erzählt und schreibt – auch aus eigenem Erleben:
„Ich habe selbst eine Zerreißprobe des Lebens hinter mir, als eine unserer Töchter als Säugling starb.“
Trotzdem begegnet dem Zuhörer und Leser in Katharina Ziegler keine traurige Person. In 25 Jahren Arbeit mit Menschen in Trauersituationen habe sie gemerkt, dass sie diese Arbeit erfüllt und bereichert. „Ich habe keine Scheu, mich mit dem Thema Trauer zu beschäftigen, das für viele Menschen ein Tabuthema geworden ist“, schreibt sie im Vorwort ihres Buches. Sie bedauert das. „Wenn wir geboren werden, dann bekommen wir den Tod mit in die Wiege gelegt. Daran ändern wir nichts, wenn wir den Tod verdrängen, so tun, als ob er nicht da sei, als ob er immer nur andere, aber niemals uns selber treffen und betreffen würde.“
Es folgen elf kleine Kapitel, in denen Ziegler Chancen aufzeigt, wie es sich nach Tod und Trauer wieder Halt im Leben finden lässt. Kapitel wie „Weine, wenn dir danach zumute ist“, „Schaffe dir einen Ort der Erinnerung“, „Sprich jeden Tag mit mindestens einer Person“ enthalten Denkanstöße und Ratschläge, die helfen können, das „Loch im Leben“ zu überwinden. „Auch wenn du es heute nicht glaubst“, schreibt Ziegler.
„Es kann dir nach einem schweren Verlust gelingen, trotzdem ein lebensbejahender, ein hoffnungsfroher, ein optimistischer Mensch zu werden und zu bleiben.“
Die erste Auflage von „Loch im Leben“ hat die frühere Pastorin 2017 veröffentlicht. Weil ihr Ratgeber schnell vergriffen war, hat sie eine zweite Auflage mit zarten Illustrationen einer befreundeten Designerin veröffentlicht.
Heike Leuschner, Nordseezeitung, Samstag, 23. Februar 2019