Was glaubst du, warum in unserer Gesellschaft so selten über den Tod gesprochen wird? Kannst du dir das erklären?

Oder erlebst du das anders? Lebst du in einem Umfeld, in dem der Tod ein ständiger Begleiter ist und du regelmäßig mit anderen darüber redest? So wie das bei mir der Fall ist.

Ich arbeite als Trauerrednerin. Ich begleite Monat für Monat durchschnittlich 15 bis 18 Trauerfälle. Und natürlich komme ich an jedem einzelnen Tag mit dem Tod in Berührung. Aber weißt du was? Ich finde das nicht schlimm, im Gegenteil, ich empfinde es als Privileg. Für mich ist es etwas ganz Besonderes, dass ich mich mit dem Tod beschäftigen darf.

Ich rede sogar freiwillig über den Tod. Auch in meiner Freizeit. Immer wieder.

Aber ich stelle fest, dass ich damit eine Ausnahme bin. Die meisten Leuten vermeiden es, mit dem Tod in Berührung zu kommen. Sie wollen auch mit den Themen, die er nach sich zieht, mit Abschied und Sterben, nichts zu tun haben. Ja, aber warum denn nicht?

Der Hauptgrund liegt in der Angst vor dem Tod. Allein die Vorstellung, einen der liebsten Menschen zu verlieren, die sie haben, lässt viele vor Panik erstarren. Da versuchen sie doch lieber, gar nicht erst mit dem Thema anzufangen. Zudem herrscht die diffuse Sorge vor, wer erst beginne, darüber zu reden, hole den Tod ins Leben.

Ja, aber da gehört er doch hin. Der Tod gehört mitten ins Leben, weil er ein Teil davon ist.

Wenn du erst einmal anfängst, dich mit Sterben und Tod auseinanderzusetzen, möglichst bevor sie dich akut bedrohen, dann merkst du, wie normal das sein kann. Am besten sprichst du mit alten Leuten, die ihr Leben gehabt haben. Mit Patient:innen im Hospiz, die sich auf dem letzten Abschnitt ihres Weges befinden. Sie alle können dir davon erzählen, wie es sich anfühlt, alt oder sterbend zu sein.

Manches ist beschwerlich, aber vieles ist auch gar nicht schlimm. Es ist so, dass du keine Angst davor haben musst.

Meine Erfahrung ist: die Angst vor dem Tod ist umso kleiner, je mehr du dich damit beschäftigst. So wie Ängste auch in anderen Bereichen deines Lebens kleiner werden, je mehr du dich mit den Themen auseinandersetzt.

Also entmachte den Tod, indem du ihn in dein Leben lässt. Für mich ist er längst kein Gegner mehr, sondern ein Freund.

Ich wünsche dir von Herzen eine vom Tod berührte Woche von Mittwoch zu Mittwoch,

deine Katharina

Zitat der Woche: „Verachte nicht den Tod, sondern befreunde dich mit ihm, da auch er eines von den Dingen ist, die die Natur will.“ (Marc Aurel)

 

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