Das Jahr geht mit großen Schritten auf seinen dunkelsten Tag zu. Morgens ist es selbst um 8.00 Uhr noch nicht hell und der Nachmittag bereits ist wieder in Finsternis gehüllt. Das Tageslicht zeigt sich nicht einmal für acht Stunden. Das Licht fehlt ebenso wie die Zuversicht, dass wieder hellere Zeiten kommen mögen.

Ich lese derzeit ein Buch, das im höchsten Norden von Schottland spielt. Dort, wo es im Sommer niemals dunkel wird und sich im Winter kein Sonnenstrahl zeigt. Es ist eine besondere Art von Leben in jenen Regionen und ein einzigartiger Schlag von Menschen, der so lebt. Depressionen spielen eine große Rolle in den langen Nächten des finsteren Halbjahrs, die zu einer einzigen riesigen Nacht verschmelzen. Selbst wer in diesen Breiten geboren ist und von klein auf nichts anderes kennt als dies, vermisst das Licht und das Leben, das damit einhergeht.

Die Gespräche mit Trauernden, die ich in diesen Wochen führe, enthalten meist die gesprochene oder auch unausgesprochene Frage: Warum ausgerechnet jetzt? Denn ein Todesfall kurz vor Weihnachten belastet die betroffenen Personen und Familien über Gebühr.

Da ist zum einen das Fest, das vor der Tür steht und von nun an in jedem Jahr mit dem verstorbenen Menschen in Verbindung gebracht wird und mit der Erfahrung, dass er fehlt. Und da ist die Dunkelheit, die überhandgenommen hat und es zudem schwermacht, das Erlebte zu verarbeiten. Denn der Seele fehlt das Licht und die Kräfte, die ihr mittels der Sonnenenergie zuwachsen.

Solltest du zu denjenigen gehören, die einen Sterbefall zur Weihnachtszeit verkraften müssen, dann sei dir ans Herz gelegt, besonders behutsam mit dir und deiner Familie umzugehen. Es bedarf einer bewussten Entscheidung, wie das Weihnachtsfest begangen werden soll – im Jahr des Abschiedes ebenso wie künftig.

  • Was liebte der verstorbene Mensch besonders? Lässt es sich wiederholen? Kann sein Lieblingsweihnachtslied gespielt werden, sein Essen gekocht?
  • Gibt es Weihnachtstraditionen, die auch ohne die geliebte Person greifen? Besuche, die guttun, Handlungen, die Halt geben?
  • Oder sollte das Weihnachtsfest von nun an ganz anders begangen werden? Alleine, im kleinen Kreise, ohne all die vertrauten Rituale, weil alles andere zu schmerzhaft ist?

Weihnachten im Trauerfall stellt eine besondere Herausforderung dar. Wenn Altes zerbrochen ist und nicht mehr trägt, dann braucht es ein neues Ja und ein bewusstes wieder Aufnehmen dessen, was vormals wichtig war. Jetzt erst recht. Oder es müssen neue Strukturen geschaffen werden, die erst zu finden sein werden und der tastenden Schritte bedürfen, bis eine neue Art von Weihnachtsfest entsteht.

Was auch immer deine besondere Herausforderung in diesen dunklen Tagen ist…

Ich wünsche dir von Herzen eine lebensmutige Vorweihnachtswoche von Mittwoch zu Mittwoch,

deine Katharina

Zitat der Woche„Je schöner und voller die Erinnerung, desto schwerer ist die Trennung.“ (Dietrich Bonhoeffer)

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