Es war einer der dunkelsten Momente in der Geschichte Bremerhavens. Der Abend des Ewigkeitssonntags 2023. Als ein unaufmerksamer Autofahrer gleich drei Menschen auf einmal über den Haufen fuhr – drei Nachbarn, seit langem befreundet. Einer starb sechs Tage später an den Folgen des Unfalls. Zwei liegen immer noch schwerstverletzt im Krankenhaus.

Eine Situation, wie man sie sich in den schlimmsten Träumen nicht ausmalen kann. Weil nicht nur eins oder zwei oder drei, nein, weil viele Leben mit einem Schlag zerstört werden. Das der Verunfallten, ob sie sterben oder weiterleben werden, das ihrer Familien, aber auch das der Person, die den Wagen gefahren hat. Wie soll ein Mensch leben mit so einer Schuld?

Es sollte ein schöner Abend werden. Sie waren eigens zu Fuß gegangen und befanden sich auf dem Weg zum Lokal, wo sie etwas essen wollten und vielleicht ein Bier mehr trinken. Deswegen war das Auto stehen geblieben.

Eine Minute früher oder zwei nur später. Dann wäre das alles nicht passiert. Das denkst du in so einer Situation doch, oder? Sonst hatten sie öfter mal vor dem Losgehen einen Schnaps am Gartenzaun getrunken. Hätten sie es nur dieses Mal ebenfalls getan!

Es gibt so viele Fragen. Die größte davon ist: Warum? Warum, um Himmels willen, konnte das geschehen?

Es gibt keine Antwort auf das Warum. Warum ist das so? Weil das Leben tickt, wie es tickt. Weil es keine Garantien gibt und weil Menschen Fehler machen, furchtbare Fehler mit schrecklichen Konsequenzen.

Niemand von uns ist gefeit davor, auf der einen oder auf der anderen Seite zu stehen. Ich für meinen Teil, die ich unzählige Kilometer auf deutschen Straßen unterwegs bin, habe öfter schon gedacht: „Gott sei Dank! Gott sei Dank, dass das gut ausgegangen ist!“

Wir wissen es nicht, in welchem Augenblick uns der Tod begegnet. Wir wissen nicht, ob wir auf natürliche Weise sterben dürfen, ob alt oder jung, ob krank oder altersschwach. Oder ob ein Unfalltod uns das Leben nimmt. Wir können nur versuchen, alles Menschenmögliche dazu beizutragen, dass es ein friedliches Ende wird.

Heute findet die Trauerfeier statt für den Mann, der an den Folgen des Unfalls gestorben ist. Ich weiß, dass ich häufig in so tragischen Fällen gefragt werde. So auch dieses Mal.

Ich werde keine Antworten geben auf das Warum. Weil es keine gibt. Ich werde an der Seite der Familie stehen und aller, die von dem Tod dieses Mannes betroffen sind. Ich teile ihr Entsetzen und ihre Sprachlosigkeit. Aber anders als sie, die es aktuell nicht anders können, werde ich nicht in der Schockstarre verharren. Ich werde neben dem Raum, den die Trauer braucht, aufleben lassen, was am Leben bleibt, auch wenn einer stirbt.

Einer seiner Brüder sagte während des Trauergespräches: „Wenn der Schock erst einmal vorbei ist, dann bleiben viele schöne, lustige Erinnerungen.“ So wird es sein, aber meine Aufgabe ist nicht, an dem Schock vorbeizugehen, um dorthin zu kommen, sondern mitten hindurch. Weil nämlich dort das Leben wohnt. Auch im Advent.

Ich wünsche dir von Herzen eine lebensbejahende Adventswoche von Mittwoch zu Mittwoch,

deine Katharina

Zitat der Woche: „Wir nehmen den Tod auf dem Weg zu den Sternen.“ (Vincent van Gogh)

 

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