Gestern durfte ich zwei Abschiedsfeiern gestalten. Bei einer der beiden sprach ich über eine alte Dame, die 94 Jahre alt geworden ist. Zehn Jahre vor Ausbruch des zweiten Weltkriegs geboren, heftige Erlebnisse während des Krieges gehabt. Zwei ihrer Geschwister sind umgekommen. Ihr Bruder im Krieg verschollen, eine ihrer Schwestern bei einem Fliegerangriff gestorben. Hunger, Überlebensnot. Und nach dem Krieg Wiederaufbau unter erschwerten Bedingungen.

Die alte Dame hat spät ihren Mann kennengelernt, eine Fehlgeburt gehabt und dann ihren einzigen Sohn geboren, der auf die Welt kam, als sie 41 Jahre alt war. Damals eine sehr spät Gebärende.

Und eben diese alte Frau ist im Alter von 90 Jahren zum ersten Mal Oma geworden. Du rechnest richtig: Ihr Sohn war fast 50, als sein erstes Kind auf die Welt kam. Und ein Jahr später kam das zweite auf die Welt.

Ein spätes Glück für eine Frau, die extrem kinderlieb war, Kindergärtnerin von Beruf, heute sagen wir Erzieherin. Sie hatte sich ihr Leben lang zunächst auf Kinder, dann auf Enkelkinder gefreut. Zu ihrem Sohn hatte sie eine entsprechend enge Bindung.

Nun ist sie im Februar gestorben. Im 95. Lebensjahr. Und für den Sohn war es trotz des Alters seiner Mutter sehr, sehr schwer, sie verabschieden zu müssen. Ich hatte deswegen für den Schluss der Trauerfeier einen Text ausgesucht, den ich vor einigen Jahren selbst geschrieben habe. Er heißt: „An meine Mutter“.

Dieser Text trifft ins Herz, das weiß ich. Er trifft ins Herz derjenigen, die den Verlust ihrer Mutter beklagen, die traurig darüber sind, dass sie nicht mehr da ist.

Der Sohn musste weinen, als ich den Text vorgelesen habe. Noch viel mehr aber weinte seine Ehefrau, also die Schwiegertochter der Verstorbenen. Warum? Weil erst vor wenigen Monaten ihre eigene Mutter gestorben ist. Da spülten die Worte die Tränen hervor.

Wie gut! Wie gut, dass wir unsere Tränen haben. Um über den Verlust unserer Mütter zu weinen und über alles andere, was uns sonst noch traurig macht.

Ich wünsche dir von Herzen eine muttergedenkreiche Woche von Mittwoch zu Mittwoch (gerne auch, wenn sie noch lebt!),

deine Katharina

P.S. Die Frau oben auf dem Bild ist übrigens meine eigene Mutter an dem letzten ihrer Geburtstage, den sie noch auf dieser Erde feiern durfte.

P.P.S. Und wenn dich der Text „An meine Mutter“ interessiert, der Text, den ich gestern vorgelesen habe, dann sieh dir das YouTube-Video unten an. Dort findest du ihn.

Zitat der Woche: „Du weißt erst, was Trauer bedeutet, wenn die eigene Mutter stirbt.“ (Aus Angola)

 

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